20. SONNTAG im Jahreskreis
Wenn wir über Gott und den göttlichen Bereich reden, dann fehlen uns die Worte. „Zu arm und zu dürftig ist unsere Sprache“, heißt es in einem Hochgebet. Hier helfen nur Bildsprache, Metaphern. Das Problem dabei ist, dass man diese leicht falsch versteht, indem man sie wörtlich nimmt. Das muss auch Jesus erfahren. Sprache ist eine Quelle vieler Missverständnisse!
- In einem nächtlichen Gespräch mit Nikodemus wundert dieser sich, wie ein erwachsener „neu geboren“ werden könne, wie Jesus sagte. Ein erwachsener Mensch kann doch nicht in den Schoß seiner Mutter zurückkehren!
- Die Samariterin am Jakobsbrunnen fragt, wie Jesus ihr „lebendiges Wasser“ zu trinken geben kann, da er doch kein Schöpfgefäß dabei habe. Jesus hatte ihr gesagt: „Ich kann dir lebendiges Wasser“ geben. Sie versteht ihn zunächst nicht.
- „Will dieser Mensch uns etwa sein eigenes Fleisch zu essen geben?“, fragen seine Zuhörer. Sie verstehen nicht, was er ihnen in seiner Bildsprache sagen will.
Es ist schon viel Unheil geschehen, weil man bestimmte Bibeltexte ganz wortwörtlich genommen, und dadurch falsch verstanden hat. Das klassische Beispiel ist die Schöpfungserzählung, die ein Gedicht ist, ein Lobpreis auf Gott als Schöpfer, der alles gut gemacht hat. Aber man hat es als einen Bericht verstanden, der genau beschreibt, wie alles entstanden ist. Dadurch kam man in Konflikt mit der Wissenschaft und viele behaupteten dann, dass Glaube und moderne Wissenschaft nicht miteinander vereinbar sind und Glaube dann auch naiv ist. Man hat die Schöpfungserzählung falsch interpretiert.
Praktisch in jeder Eucharistiefeier wird Jesus zitiert, wo er von seinem „Leib und Blut“ redet: „Nehmt und esst, das ist mein Leib...“ Verstehen wir ihn da richtig? Versetzen wir uns in die Situation vom so genannten „Letzten Abendmahl“: Jesus tut dort etwas ganz Normales, was jeder jüdischer Familienvater beim Ostermahl tut: Er bricht das Brot und teilt es aus. Überraschend ist, dass Jesus dem Ganzen eine eigene Bedeutung gibt: „Nehmt und esst, das ist mein Leib...“ Er sagt nicht, das ist mein Körper, sondern mein Leib. Leib bedeutet der ganz konkrete Mensch, aus Fleisch und Blut. Jesus sagt also: Das bin ich. Du kannst mich, mein ganzes Leben, mit Brot vergleichen, das stärkt und am Leben hält. Mein Leben wird sogar gebrochen, wie ich dieses Brot breche, weil ich meinem Auftraggeber, Gott, treu bleibe, trotz Leiden und Tod.“
Und dann fügt Jesus hinzu: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Ihr, die ihr meine Freunde seid, sollt genau das Gleiche tun: Ihr sollt füreinander wie Brot sein, euch gegenseitig stärken, füreinander da sein, auch wenn das euch etwas kostet, wenn ihr euch brechen lassen müsst. Ihr sollt so handeln und leben wie ich. In Grunde genommen gibt Jesus uns in jeder Eucharistiefeier, durch die „Wandlungsworte“, einen Auftrag. Es ist sein tiefster Herzenswunsch, den er am Abend vor seinem Tod ausspricht, in einer bildreichen, metaphorischen Sprache.
Wenn wir diese Szene mit Jesus, am Ende seines Lebens, so verstehen, dann wird es uns auch bewusst, was wir da machen, wenn wir - wie es dann später genannt wurde - „zur Kommunion gehen“. Wir antworten dann auf die Einladung von Jesus, auf seinen Auftrag. Wir bestätigen, dass wir ihn verstanden haben und dass wir bereit sind es so zu tun wie er. „Amen“ sagen wir, wenn wir sein Brot zu uns nehmen, es in uns aufnehmen, in uns einverleiben, und so eine tiefe Verbundenheit mit ihm wünschen. Wir verinnerlichen uns, was Jesus mit seinen Worten beabsichtigt hat.
Wer sich von Jesus einladen lässt, übernimmt seine Lebenseinstellung, seinen Einsatz für Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Frieden, sein Engagement für die Armen, die gesellschaftlich Schwachen, die Kranken, die Behinderten, für die Ausgedienten. Wer intensiv mit Jesus verbunden lebt, wird eine neue Art zu leben entdecken. Das wahre Leben, indem wir füreinander Brot sind.
Warum gehe ich jeden Sonntag in die Kirche und feiere Eucharistie? Weil ich die Nahrung brauche, die Jesus mir gibt.